[infobrief] Ossenfeld-Prozess u Offener Brief aus Bramsche

ak asyl goettingen newsletter.akasylgoe at emdash.org
Don Feb 9 16:26:56 CET 2006


Hallo,
ein neuer Infobrief mit zwei dokumentierten Texten:

*Urteil gegen die Söhne von Ahmed Saado: Ein Taz- Artikel über den Prozess
*Flüchtlinge aus Abschiebelager Bramsche protestieren in einem Offenen
Brief gegen die Bedingungen im Lager - Unterstützt den Brief!


****
Vorab kurz bzw zur Erinnerung:

Die Kampagne gegen die Abschiebung nach Togo hat einen ersten Teil-Erfolg
erzielt. Meck-Pomm hat die Abschiebungen nach Togo vorerst ausgesetzt.
Dazu mehr und immer noch der dringende Aufruf zur Unterstützung von Sami
Meri dort:
http://www.abschiebemaschinerie-stoppen.de/aktuell/

****

*Flüchtlinge aus Abschiebelager Bramsche haben einen Offenen Brief an die
Öffentlichkeit und die Landesregierung verfasst. Ende Februar oder Anfang
März soll der Brief in Hannover im Rahmen einer Protestaktion übergeben
werden. Unterstützt den Brief mit einer Unterschrift und sendet die
ausgefüllten Listen bis zum 15.2. an

Avanti!
 C/O OS-Radio
 Lohstr. 45a
 49074 Osnabrück
 oder:
 Fax: 0541-750 87 9

Der Brief ist einige Seiten lang, deshalb ist er nicht in der Mail,
sondern auf folgender Seite (in druckbaren Format) zu finden:
http://www.abschiebemaschinerie-stoppen.de/aktuell/20060204_offener_brief_bramsche.html


****artikel zum urteil**

taz-nord 9.2.06


Mit voller Härte

Das Amtsgericht Hannoversch Münden greift durch: Jugendstrafkammer
verhängt Arrest und gemeinnützige Arbeit für Söhne von Achmed Saado - weil
sie handgreiflich gegen die Abschiebung ihres kranken Vaters protestiert
hatten

Weil sie sich an Rangeleien bei der Verhaftung und Abschiebung ihres
Vaters Achmed Saado beteiligt hatten, sind jetzt zwei Brüder zu
Arreststrafen und gemeinnütziger Arbeit verurteilt worden. Das Amtsgericht
Hannoversch Münden verdonnerte Kodor Saado (19) wegen Körperverletzung in
drei Fällen sowie Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu drei Wochen
Jugendarrest und 80 Sozialstunden. Gegen den 18-jährigen Mahmoud Saado
verhängte das Gericht wegen Körperverletzung in einem Fall eine Woche
Arrest und 50 Stunden gemeinnütziger Arbeit. "Hier wurden zwei Jugendliche
verurteilt, die nicht ertragen konnten, dass ihnen ihr Vater genommen
wurde", kommentierte gestern der Göttinger Arbeitskreis Asyl das Urteil.
Bei der Festnahme von Achmed Saado am 12. Juni 2005 war es vor der Wohnung
der Familie in Ossenfeld bei Göttingen zu Auseinandersetzungen zwischen
Angehörigen, Demonstranten und Polizisten gekommen. Dabei hatte sich der
"dramatische Einsatz" nach Darstellung der Polizei eher zufällig
entwickelt. Die Beamten hätten ursprünglich wegen eines Trickdiebstahls in
Hannoversch Münden ermittelt, einer der Söhne Saados sei verdächtig
gewesen. Bei der geplanten Hausdurchsuchung in Ossenfeld habe man dann den
mit Abschiebehaftbefehl gesuchten Achmed Saado angetroffen.
Der 46jährige, dem Ärzte schon zuvor Suizid-Gefährdung attestiert hatten,
hielt sich ein Messer an die Kehle und drohte, sich das Leben zu nehmen.
Die Polizisten zogen sich daraufhin zunächst aus dem Haus zurück und
riegelten den Zugang ab.
Als ein dreijähriger Enkel Saados durch die Absperrung zu dem Gebäude
lief, seine Mutter ihm folgte und beide von Beamten festgehalten wurden,
eskalierte die Situation. Die Saado-Söhne gingen dazwischen, "es gab eine
richtige Schlägerei", erinnern sich Augenzeugen. Ein Sohn sei am Auge
verletzt worden, ein Polizist habe Tritte gegen den Kopf erhalten.
Erst nach Eintreffen eines Sondereinsatz-Kommandos und auf Drängen seiner
Rechtsanwälte ließ sich Saado abführen. Auf der Wache brach der 45-Jährige
zusammen, er musste die Nacht in der Universitäts-Klinik verbringen.
Wenige Tage später erfolgte der nächste Polizeieinsatz gegen die Familie.
Die Beamten brachen die Haustür auf und nahmen fünf Brüder, unter ihnen
Kodor und Mahmoud, fest. Sie wurden auf der Wache erkennungsdienstlich
behandelt und nach eigenen Angaben auch gefesselt und geschlagen. Einen
weiteren Bruder verhafteten Beamte in Göttingen. Der Vorwurf: Gefährliche
Körperverletzung.
Die Familie Saado war vor rund 20 Jahren aus dem Libanon nach Deutschland
geflohen. Vier der sieben Kinder wurden hier geboren. Lange Zeit galt die
Staatsangehörigkeit der Familie als ungeklärt. Der Landkreis Göttingen
geht dagegen von einer türkischen Identität aus und beschuldigt die
Flüchtlinge, diese verschleiert zu haben. Die Betroffenen stammen nach
eigenen Angaben aber von der Arabisch sprechenden Minderheit der Mahalmi
ab, die vor Generationen im Südosten der Türkei lebte und von dort in den
Libanon auswanderte. In Bremen und Südniedersachsen droht einigen hundert
Bürgerkriegsflüchtlingen aus dem Libanon die Abschiebung.
Achmed Saado wurde inzwischen in die Türkei ausgeführt. Dort sei er zum
Militärdienst eingezogen worden, berichteten gestern Unterstützer. Um die
Altergrenze einzuhalten, hätten ihn die Behörden kurzerhand sieben Jahre
jünger gemacht. "Dass er demzufolge seinen ältesten Sohn mit elf Jahren
gezeugt hätte, kümmert niemanden", so Volker Nüsse vom Arbeitskreis Asyl.
Reimar Paul
taz Nord vom 9.2.2006, S. 28, 123 Z. (TAZ-Bericht), Reimar Paul

http://www.taz.de/pt/2006/02/09/a0377.1/text


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