[infobrief] Abschiebelager Bramsche schließen!

ak asyl goettingen newsletter.akasylgoe at emdash.org
Don Feb 23 16:10:58 CET 2006


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der newsletter des arbeitskreis asyl göttingen informiert in
unregelmäßigen abständen über aktuelles zu bleiberechtskämpfen und
antirassistischen initiativen in göttingen und umgebung. infos zum abo:
http://idash.org/mailman/listinfo/newsletter.akasylgoe
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180 Flüchtlinge aus dem Abschiebelager Bramsche prangern in einem Offenen
Brief die unhaltbaren Zustände im Lager an und fordern die dezentrale
Unterbringung.

Am 2. März werden sie zusammen mit Gruppen aus dem no-lager-netzwerk in
Hannover demonstrieren.

Das Lager in Bramsche-Hesepe ist das größte Abschiebelager in der BRD und
Experimentierfeld für die Lagerunterbringung überhaupt. So wurde erst vor
kurzem eine eigene Lager-Schule für die 150 untergebrachten Kinder auf dem
Gelände angelegt - ein weiterer Schritt in die völlige Isolierung und
Kontrolle der Flüchtlinge. Mehrmals wurde diese Isolierung durch Aktionen
des no-lager-Netzwerks unterlaufen und auch die BewohnerInnen haben immer
wieder Mittel und Wege gefunden, sich gegen die Entrechtung zu wehren.

Der Aufruf zu der Aktion am 2. März in Hannover findet sich unten. Beginn
ist um 13 Uhr mit einem Speakers Corner am Kröpcke, um 14 Uhr startet dort
die Demonstration.

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Im Zusammenhang mit der aktuellen Debatte um die verschärfte
Abschiebepolitik in Niedersachsen ist der 2. März die notwendige
Erweiterung der Kritik an der Niedersächsischen Flüchtlingspolitik.

Kirchenkreise, der Flüchtlingsrat und die Oppositionsparteien fordern die
Einrichtung einer Härtefallkommission: Einige Meldungen haben wir auf der
Internetseite dokumentiert:

http://www.abschiebemaschinerie-stoppen.de/presse/



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Bramsche - AUFRUF:
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http://www.abschiebemaschinerie-stoppen.de/aktuell/


Abschiebelager Bramsche schließen!


Demonstration in Hannover am 2. März 2006


180 Flüchtlinge aus dem Lager Bramsche prangern in einem offenen Brief die
Lebensndbedingungen im Abschiebelager an: Am 2. März wollen sie in
Hannover gegen die Lagerunterbringung demonstrieren.
Wir rufen auf, den Protest zu unterstützen! Keine Lager – nirgendwo!
Gleiches Recht für alle!
           (no-lager göttingen, antirassismusplenum göttingen)


Nördlich von Osnabrück liegt der Ort Bramsche-Hesepe. Umgeben von einem
Wald, befindet sich dort auf einem alten Kasernengelände die so genannte
Landesaufnahmestelle für ca. 550 Flüchtlinge. Offiziell gehört die
Landesaufnahmestelle zur Zentralen Aufnahme- und Ausländerbehörde in
Blankenburg/Oldenburg, wo ebenfalls mehrere hundert Flüchtlinge ,leben'.
Doch der Name trügt, er soll schlicht verschleiern, dass in
Bramsche-Hesepe das größte Abschiebelager Deutschlands steht. Denn in
Bramsche-Hesepe sind vor allem zwei Gruppen von Flüchtlingen
untergebracht: Einerseits Flüchtlinge, deren Asylanträge bereits abgelehnt
wurden und deren Abschiebung lediglich deshalb ausgesetzt ist, weil keine
Pass(ersatz)papiere vorliegen. Andererseits werden nach Bramsche-Hesepe
Flüchtlinge eingewiesen, deren Asylverfahren noch laufen, bei denen aber
aufgrund einer so genannten Prognoseaussage des Bundesamtes für Migration
und Flüchtlinge die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass sie ebenfalls keine
Anerkennung als AsylbewerberInnen finden  (so wie ja in Deutschland
ohnehin nur 1,7% aller Asylverfahren positiv ausgehen). Erklärtes Ziel in
Bramsche-Hesepe ist es deshalb, die BewohnerInnen zur so genannten
freiwilligen Rückkehr zu bewegen. Die Landesregierung in Hannover räumt
das im übrigen unumwunden ein, sie betrachtet Bramsche-Hesepe sogar als
Experimentierfeld: "Die Erfahrungen und Kompetenzen in Bramsche sollen
auch dafür genutzt werden, die Verstärkung der Rückführungsansätze -
insbesondere die Beratung zur Freiwilligen Rückkehr - auch in den übrigen
Gemeinschaftsunterkünften der Zentralen Aufnahme- und
Ausländereinrichtungen zu intensivieren."

 Von freiwilliger Rückkehr zu sprechen, ist allerdings zynisch, die
Realität wird hierdurch geradezu auf den Kopf gestellt. Denn tatsächlich
wird den BewohnerInnen in der lagerinternen Ausländerbehörde immer wieder
von neuem ein Papier vorgelegt, in dem sie aufgefordert werden,
schriftlich ihre Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise zu bekunden.
Konkret bedeutet das vor allem, dass sie sich aktiv um Reisepapiere
kümmern sollen, denn nur so kann ihre Abschiebung zügig umgesetzt werden,
spätestens wenn ihr Asylverfahren endgültig abgeschlossen ist. Verweigern
sie dies (und viele Flüchtlinge tun das, schließlich wollen sie sich
nicht zu Handlangern ihrer eigenen Abschiebung machen), werden Strafen
angedroht oder verhängt: Hierzu gehören die Kürzung oder Streichung des
"Taschengeldes", Nichtzulassen zur "gemeinnützigen Arbeit" (1-2
€/Stunde), Einschränkung der ohnehin stark reduzierten
Bewegungsfreiheit (Residenzpflicht) etc. Erst jüngst haben mehrere
Flüchtlinge Strafbefehle über 200 Euro erhalten. Ihr Vergehen ist es, so
das Gericht, sich über einen Zeitraum von mehreren Jahren aktiv geweigert
zu haben, "einen Antrag auf Ausstellung von Passersatzpapieren bzw.
Heimreisedokumenten auszufüllen und zu unterschreiben." Diejenigen, die
keine 200 Euro übrig haben (was bei einem Taschengeld von null bis
vierzig Euro/ Monat leicht passieren kann), müssen ihre Strafe
ersatzweise 40 Tage im Gefängnis absitzen.

 Insgesamt bleibt den InsassInnen von Bramsche-Hesepe nichts anderes, als
sich rund um die Uhr in einem Lager aufzuhalten, das sie zwar verlassen
dürfen, dessen Verlassen aber nicht vorgesehen ist. Schließlich ist die
Infrastruktur komplett auf dem Lagergelände angesiedelt: Sämtliche
Behörden, die Kantine für die Nahrungsaufnahme, die Kleiderkammer, die
Sanitätsstation, die Kindertagesstätte und auch die Schule für die
Mehrheit der ca. 150 schulpflichtigen Kinder.

 Nur sehr wenige Flüchtlinge reisen von Bramsche-Hesepe "freiwillig" aus.
Eine ungleich größere Zahl zieht demgegenüber die Illegalität vor oder
wird abgeschoben (so denn es der Ausländerbehörde durch Erpressung oder
Kooperation mit den Heimatbotschaften der Flüchtlinge gelungen ist,
Heimreisedokumente zu organisieren). Immer wieder kommt es zu massiven
Protesten seitens der InsassInnen des Lagers - einschließlich direkter
Attacken auf Einrichtungen der Lagerbehörde. Der jüngste Protest ist ein
offener Brief, den Flüchtlinge in Bramsche-Hesepe verfasst haben und der
von 183 BewohnerInnen des Lagers unterschrieben wurde. In dem Brief
(s.u.) schildern die Flüchtlinge ausführlich die katastrophalen
Lebensbedingungen im Lager. Diese Lebensbedingungen sind natürlich kein
Zufall. Sie gehören zur Vertreibungsstrategie in Bramsche-Hesepe, eine
Strategie, die im Bürokratenslang irreführend als "Verstärkung der
Rückführungsansätze" etikettiert wird.

 Das bundesweite NoLager-Netzwerk unterstützt die Forderungen der
Flüchtlinge in Bramsche-Hesepe. Zusammen mit ihnen ruft es zur
Demonstration in Hannover auf. Ursprünglich hätte der Brief direkt dem
Innenministerium übergeben werden sollen. Doch dieses hat abgewunken, es
gäbe keine Notwendigkeit für eine solche Briefübergabe, hieß es. Wir
werden den Brief im Rahmen der Demo trotzdem beim Innenministerium
vorbeibringen, außerdem ist eine Übergabe an Abgeordnete des Landtags
vorgesehen. Bereits zweimal hat das Nolager-Netzwerk am Abschiebelager
Bramsche-Hesepe demonstriert: 2004 im Rahmen der 17-tägigen
Anti-Lager-action-Tour und am 24. September 2005 zusammen mit dem Komitee
für Grundrechte und Demokratie. Am Nolager-Netzwerk sind
selbstorganisierte Flüchtlingsgruppen wie die Karawane, The Voice oder
die Brandenburger Flüchtlingsinitiative genauso beteiligt wie
antirassistische, autonome und feministische Gruppen.





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