[infobrief] Gazale Salame

LibaSoli Göttingen libasoli.goettingen at emdash.org
Fre Aug 18 16:31:39 CEST 2006


Aktuelles zu Gazale Salame. Ihre Rückkehr wird durch die neue Weisung des NMI 
auf lange Sicht verhindert. 

Eine Weiterleitung aus Hildesheim und der Hinweis die Dokumentation seit der 
Abschiebung Gazales:

http://www.abschiebemaschinerie-stoppen.de/libasoli/


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Liebe Freundinnen und Freunde,

der Ehemann der vor 18 Monaten abgeschobenen Gazale Salame, Ahmed Siala und
seine Unterstützer erlebten am heutigen Tag ein grausames Wechsekbad der
Gefühle.

Nachdem zunächst der Landkreis Hildesheim mit der Bekanntgabe seiner
Entscheidung, daß Urteil des VG Hannover anzuerkennen und Ahmed Siala auch,
wie vom VG gefordert, einen Aufenthaltstitel zu geben, was eine baldige
Rückkehr von Gazale und ihren beiden Kindern nach Deutschland möglich
gemacht
hätte, erfolgte unmittelbat darauf die Mitteilung, daß das Innenminisiterium
via Weisung diese Entscheidung aufhob und nunmehr der Landkreis in Bezug auf
das in dieser Sache ergangene Urteil Revision einlegt.

Wir sind im Kontext zum Umgang mit Flüchtlingen im Bundesland Niedersachsen
schon so manche Abscheulichkeit gewöhnt. Bezüglich der Vorgänge um Gazale
Salame und ihrer Familie, schon die Abschiebung der hochschwangeren Frau mit
ihrer Tochter und die damit verbundene Trennung von ihrem Ehemann und ihrer
zwei älteren Töchter schrie zum Himmel, doch nun haben wir das Gefühl, daß
dem Faß der Boden ausgeschlagen wurde.

In dem am 21.06.2006 vor dem VG Hannover ergangenem Urteil wird eindeutig
festgestellt, daß die Familie Siala als Flüchtlinge vor dem Bürgerkrieg aus
dem Libanon eingereist ist und die aufgrund des Vorwurfs des Landkreis
Hildesheim, die Familie sei aus der Türkei gekommen und besäße obendrein
die
türkische Staatsbürgerschaft, von diesem ergriffenen Maßnahmen als falsch
und
rückgängig zu machend deklariert.

Wir als Unterstützer der Familie Siala gehen nicht davon aus, daß das
nunmehr
zuständige Oberverwaltungsgericht in der Revisionsverhandlung zu keinem
anderen Urteil kommen kann. Allerdings wird sich der Zeitraum der
Familientrennung in unerträglichem Maß verlängern.

Schon jetzt ist der gesundheitliche Zustand der in Izmir lebenden Gazale
Salame sehr schlecht, psychologische Gutachten belegen dies, doch auch die
Verfassung von ihrem Ehemann und seinen beiden Töchtern hier im Kreis
Hildesheim bietet Anlaß zur Sorge.

Während die Landrätin Frau Baule nach eingehender Prüfung des Urteils die
Größe besaß, die Widerlegung der von ihrer Ausländerstelle vorgebrachten
Abschiebungsgründe hinzunehmen und sich obendrein bemüht zeigt, die Folgen
der Abschiebung durch eine schnelle Rückführung von Gazale Salame und ihrer
zwei Töchter nach Deutschland zu mildern, erweist sich das Innenministerium
unseres Bundeslandes als eiskaltes bürokratisches Monster, das sogar noch
schlimmere Auswirkungen für die Famlie in Kauf nimmt, nur um einen
Präzedenzfall in Bezug auf die Volksgruppe, der diese angehört, zu schaffen.
Dies ist ein nicht hinnehmbarer Skandal, den wir als Unterstützer von Gazale
und Ahmed nicht hinnehmen werden.

Diesbezüglich wissen wir uns nicht allein und rechnen fest mit der
Unterstützung aller anderen Initiativen und Organisationen.


 Menschen für Menschen
 Solidarität und Bleiberecht Hildesheim



Es folgt der Artikel aus der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung zu diesen
Vorgängen.

Hildesheimer Allgemeine Zeitung Linie

Schlagzeilen am 17.8.2006
Streifen Grau

Landkreis – Land stoppt Rückkehr von abgeschobener Kurdin
(zer) Wechselbad der Gefühle für den 26-jährigen Ahmed Siala: Gestern
Nachmittag erklärte der Landkreis Hildesheim, dass er seine vor anderthalb
Jahren in die Türkei abgeschobene Ehefrau Gazale Salame wieder zu ihrer
Familie zurückholen will. Doch wenige Stunden später kippte das
niedersächsiche Innenministeridie Entscheidung des Landkreises.
Nura und Amina müssen wohl noch länger ohne ihre Mutter Gazale Salame
auskommen. Vor anderthalb Jahren hat der Landkreis Hildesheim die Mutter der
damals Sechs- und Siebenjährigen in die Türkei abgeschoben. Die Mädchen
blieben mit ihrem Vater in Kemme.
Da auch gegen Salames Ehemann Ahmed Siala ein Abschiebungsverfahren lief,
ging der Landkreis davon aus, dass auch dieser bald ausreisen würde. Laut
Ausländergesetz dürfte Salame nur in der Bundesrepublik bleiben, wenn ihr
Mann eine Aufenthaltsgenehmigung hat. Doch Siala legte gegen seine
Abschiebung Widerspruch ein – und bekam am 21. Juni vom Verwaltungsgericht
in
Hannover Recht.
Die Gründe für eine Abschiebung seien viel zu dünn, erklärte der
Vorsitzende
Richter und verpflichtete den Landkreis, über Sialas Aufenthaltsbefugnis neu
zu entscheiden.
Das hat er nun getan: „Die Ausländerbehörde wurde angewiesen, Siala eine
Aufenthaltserlaubnis zu erteilen“, erklärte der Landkreis gestern in einer
Pressemitteilung.
Aus mehreren Gutachten sei bekannt, dass Sialas in die Türkei abgeschobene
Frau Salame unter schweren Depressionen leide. „Das kann ich mit meinem
Gewissen nicht vereinbaren“, sagte Landrätin Ingrid Baule gestern
gegenüber
der HAZ. „Nachdem das Gutachten vorlag, war es höchste Zeit zu handeln, um
die Familie wieder zusammen-zuführen.“
Doch das Innenministerium hat die Entscheidung des Landkreises Hildesheim
gekippt. „Gegen 15.30 Uhr kam die Weisung, gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichtes Rechtsmittel einzulegen“, berichtet Baule.
„Das bedeutet, dass sich der Prozess noch lange hinziehen und die Familie
noch Jahre lang getrennt sein kann“, erklärt Kai Weber vom
Niedersächsischen
Flüchtlingsrat. „Ich habe noch nie erlebt, dass ein Innenministerium so
rabiat vorgeht und in Kauf nimmt, dass eine Familie zerstört wird“. Das sei
aus humanitären Gründen nicht tragbar.
„Da das Urteil die ganze Familie Siala betrifft, wollen wir die Bestätigung
des Oberverwaltungsgerichts haben“, erklärte gestern Paul Middelbeck,
Referatsleiter im Innenministerium für Ausländer- und Asylrecht.
2004 habe das Oberverwaltungsgericht bereits entschieden, dass Salame
ausreisen müsse. „Wenn das Oberverwaltungsgericht nun entscheidet, dass ihr
Mann bleiben kann, kann der Landkreis Hildesheim machen, was er will.“
„Ich bin am Boden zerstört“, sagte Ahmed Siala gestern der HAZ. „Ich
weiß
nicht, wie ich das meiner Frau erklären soll.“ Sie habe gestern Abend auf
seinen Anruf und die Mitteilung über die Entscheidung des Landkreises
gewartet.


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LibaSoli Goettingen 
Kampagne gegen die Abschiebung 
der libanesischen Bürgerkriegsflüchtlinge in die Türkei

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