[infobrief] Donnerstag, 27.8. | 16 Uhr | Rathaus Göttingen | Demonstration gegen Abschiebung

Ak Asyl Göttingen akasylgoe at emdash.org
Do Aug 20 19:21:07 CEST 2009


Im Rahmen der bundesweiten Aktionswoche gegen Abschiebung [1] vom 24.8. bis 30.8. mit zahlreichen
Veranstaltungen in vielen Städten findet auch in Göttingen eine Demonstration gegen Abschiebung
statt. Und zwar am Donnerstag, 27.8.2009 um 16 Uhr ab Neues Rathaus. Der Aufruf folgt unten.
Desweiteren wird es am Samstag, 29.8.2009 um 13 Uhr eine große antirassistische Demonstration in
Büren [2, 3] gegen den dortigen Abschiebeknast, gegen Abschiebehaft und Migrationskontrolle und für
weltweite Bewegungsfreiheit geben!

1. http://www.gegenabschiebung.de/
2. http://www.aha-bueren.de/
3. Aufruf als pdf (1.7mb): http://gutscheingruppe.cpunk.de/texte/Aufruf-Bueren09.pdf




Demonstration gegen Abschiebung | Donnerstag, 27. August 2009, 16 Uhr | Neues Rathaus Göttingen

Abschiebungen in den Kosovo stoppen!

Am 24. März 1999 begann die NATO mit aktiver deutscher Beteiligung ihren Krieg gegen Jugoslawien.
Nach der Flucht hunderttausender Mensch nach Deutschland zu Beginn der Ethnisierungskriege Anfang
der 90er Jahre wurde hier die Festung Europa gegen Flüchtende ausgebaut. Nur noch ein paar tausend
Flüchtlinge aus dem Kosovo fanden Ende der 90er Jahre in Deutschland Schutz vor der neuen Welle
"ethnischer Säuberungen" durch das Milosevic-Regime und dem NATO-Krieg. Der Anspruch auf Asyl wurde
ihnen jedoch verwehrt. Sie wurden als "Wirtschaftsflüchtlinge" stigmatisiert und kriminalisiert.
Nach mehr als zehn, fünfzehn Jahren Aufenthalt in Deutschland leben sie und die sogenannten
Minderheiten noch immer ohne sicheren Status, ohne sichere Existenzgrundlage und sind permanent von
Abschiebung bedroht.

Für die ethnische Gruppe der Roma, Ashkali und Gorana gilt der Krieg in Jugoslawien neben dem
zweiten Weltkrieg, in dem mehr als 600.000 Roma ermordet wurden, als größte Katastrophe in ihrer
Geschichte. Aktuell leben im Bundesgebiet schätzungsweise 31.000 Roma, in Göttingen etwa 500. Ihr
Leben hier ist gekennzeichnet durch rassistische Ausgrenzung und Übergriffe, Isolation in
Flüchtlingsheimen und Wohnblocks, Residenzpflicht, Schikane in den Ämtern und stark eingeschränkte
Partizipationsmöglichkeiten am sozialen Leben (Schule, Ausbildung, Arbeit). Nur wenn sie in der Lage
sind nachzuweisen, dass sie ihren Lebensunterhalt größtenteils selbst sichern können, besteht die
Chance auf eine längerfristige Aufenthaltsgenehmigung. Da dies de facto durch strukturelle
Gegebenheiten kaum möglich ist, ist die große Mehrheit von ihnen zu einem Leben am Rande der
"bürgerlichen deutschen Zivilgesellschaft" gezwungen.

2008 kam es zur Anerkennung der Republik Kosovo durch einige NATO-Staaten. Im November 2008 hat die
UNMIK - UN-Verwaltung des Kosovo - die Zuständigkeit für Rückführungsfragen an die neue kosovarische
Regierung übergeben, welche Bereitschaft zur "Rücknahme" der Flüchtlinge signalisiert hat. Seitdem
laufen Vorbereitungen von Massenabschiebung dorthin. Abgeschobene erwarten im Kosovo massive soziale
Ausgrenzung und ethnische Verfolgung. Übergriffe durch Polizei und albanische Nationalist_innen,
systematische Benachteiligung durch die Behörden, fehlende Gesundheits- und Sozialversorgung
bestimmen ihr Leben dort. Roma sind vom regulären Arbeitsmarkt ausgeschlossen und ihre
Arbeitslosigkeit liegt über 90%. Häufig müssen sie mit weniger als 1$ am Tag auskommen.

Viele möchten gar nicht zurück in den Kosovo. Ihre Existenzgrundlage dort ist zerstört. Sie sehen
Deutschland als ihre neue Heimat, haben eine Familie gegründet und ihre Kinder sind hier zur Welt
gekommen. Sie sehen ihre Zukunft hier und möchten sich ein Leben außerhalb von Wohnblocks und
Flüchtlingslagern aufbauen. Ihre Kinder möchten Schulbildung, sie wollen am sozialen Leben
teilnehmen und nicht als Bodensatz einer Gesellschaft ausgegrenzt werden.

Die Realität ist weit entfernt von diesen Wünschen! Bereits jetzt werden durch die die Stadt
Göttingen Briefe verschickt, die aus dem Kosovo stammenden Menschen Ausreisetermine mitteilen und
sie auffordern, "freiwillig" auszureisen, um einem Abschiebeverfahren zu entgehen.

Die Erfahrung mit den Ausländerbehörden zeigt: Während das "Bleiberecht" in der Öffentlichkeit
zunächst als soziale Maßnahme präsentiert wurde, entpuppt es sich heute als Instrument
bundesdeutscher Behörden, um Menschen nach der Möglichkeit ihrer Verwertung zu sortieren. Wer den
Nachweis des geforderten Einkommens nicht bis Ende 2009 erbringen kann, verliert seine
Aufenthaltserlaubnis auf Probe und fällt zurück in die Duldung. Am Ende stehen also wie gehabt: Eine
Zunahme von gewaltsamen Abschiebungen oder die "freiwillige" Ausreise in sogenannte
"Herkunftsländer" sowie eine wachsende Zahl von Menschen, denen eine Illegalisierung ihres Lebens in
Deutschland als einziger Ausweg bleibt.

In der ersten Juliwoche wurde der in Göttingen lebende Rama Semsedin bei einem Behördengang durch
die Polizei in Abschiebehaft genommen und von seiner Familie getrennt. Er ist Vater von vier
Kindern, die zwischen 12 und 15 Jahren alt sind. Die Familie Semsedin lebt seit 17 Jahren in
Deutschland. Rama wurde mittlerweile aus Deutschland abgeschoben.

Wir sagen NEIN zu dieser menschenverachtenden Praxis und fordern den sofortigen Stopp der Abschiebungen!

Wir organisieren Widerstand und schauen nicht weg, wenn Politiker_innen den gesetzlichen Rahmen für
Abschiebungen schaffen und Schreibtischtäter_innen Menschen ins Unglück schicken.

Wir akzeptieren nicht, dass Herkunft und Ethnie darüber entscheiden, an welchem Bestimmungsort und
unter welchen Bedingungen ein Mensch sein Leben führen darf.

Wir sprechen uns gegen die Logik von Nationalstaaten und gegen ihre Grenzen aus!

Für ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit!
Abschiebungen stoppen!
Bleiberecht für alle Menschen!
Unbefristet! Überall!

Solidarität muss Praxis werden! Unterstützungstreffen jeden Dienstag, 20 Uhr im "Autonomicum /
Freiraum" Im Blauen Turm, Universität Göttingen, Platz der Göttinger Sieben



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