[infobrief] Abschiebung in Göttingen und weiteres Vorbereitungstreffen

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Die Apr 11 13:17:29 CEST 2006


In dieser Mail ist ein Zeitungsartikel zur Abschiebung von Stipo Susnja
dokumentiert. Wir hatten gestern auf die Abschiebung am 23.3. hingewiesen.

Die in dem Artikel wiedergegebene Begründung der Stadt Göttingen ist eine
Lüge:
"Der Sprecher der Stadt, Detlef Johannson, behauptet gar, das bloße
Zusammensein mit dem Ehemann habe bei Frau Becker "Panikattacken"
ausgelöst." - Die Stadt bezieht sich dabei auf ein Gutachten, dass von der
Anwältin in dem Verfahren eingereicht wurde, um zu erklären, warum die
Eheleute zeitweise getrennt gelebt haben: Seit einem Einbruch in ihrer
Wohnung hatte die Ehefrau "Panikattacken", weshalb sie es einige Zeit lang
 vorzog, in einer eigenen Wohnung zu leben. Die Stadt macht daraus eine
Stellungnahme, die den Anschein erweckt, der 71jährige hätte seine Frau
bedroht und sei allein zu ihrem Schutz abgeschoben werden - Frau Becker
setzt sich hingegen seit Wochen mit AnwohnerInnen dafür ein, dass ihr Mann
zurückkommen darf - vor einigen Tagen wurden 300 Unterschriften aus der
Nachbarschaft bei der Ausländerbehörde übergeben.

Das Göttinger Tageblatt, dass die Version der Stadt ohne weitere
Erkundigungen übernommen hatte (obwohl gleichzeitig eine Pressemitteilung
des Migrationszentrum vorlag) hat auf Veranlassung der Anwältin
mittlerweile eine Gegendarstellung abgedruckt.
Der Protest ist beim Göttinger Stadtinfo dokumentiert:
http://www.goest.de/gartenstrasse.htm

Der Artikel findet sich weiter unten.

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Zusätzlich zu dem Gestern ankündigten Vorbereitungstreffen für den
Aktionstag am 22. April, gibt es einen weiteren Termin vom Bündnis gegen
Abschiebungen:

Schüler/-innen gegen Abschiebungen

Am 22.April wird es im Rahmen der Kampagne "Papiere für alle!" einen
bundesweiten Aktionstag für ein uneingeschränktes Bleiberecht geben. Auch
Schüler/-innen wollen diese Forderung unterstützen und sie auf der Demo in
Göttingen auf die Straße tragen. Allein im Landkreis Göttingen leben ca.
250 geduldete Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter, die
potentiell von Abschiebungen betroffen sind.
Am Donnerstag, den 13.April wird es dazu ein Vorbereitungstreffen geben,
zu dem wir Kinder, Jugendliche, Eltern und Lehrer/-innen einladen. Bisher
wurde sich darauf geeinigt gemeinsam auf der Demo aufzutreten und beim
Vorbereitungstreffen Transparente, Schilder etc. anzufertigen, die sich
auf die Situation von Schüler/-innen beziehen. Außerdem wollen wir
besprechen, ob manche vielleicht sogar auf der Demo etwas sagen möchten,
z.B. ein kurzes Statement abgeben oder ein paar Sätze zu ihrer
Lebenssituation erzählen. Bisher ist noch alles offen, sodass noch viele
Vorschläge eingebracht werden können.

Das Vorbereitungstreffen findet statt am Donnerstag, den 13.April 2006 im
Stadtjugendring, Düstere Str. 20a

Der Aktionstag am 22. April beginnt um 11:00 am Gänseliesel, die Demo
startet dort um 12:00. http://papiere-fuer-alle.org/


Göttinger Bündnis gegen Abschiebung
www.abschiebemaschinerie-stoppen.de/jugendliche
Kontakt: goebga at emdash.org



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junge welt, 31.3.2006


Abschiebung am Lebensabend

Stadt Göttingen läßt 71jährigen Kroaten von der Polizei abholen, der mit
einer Deutschen verheiratet ist

Von Reimar Paul

Für eine abschiebefreie Zone Gartenstraße und überall«, steht auf dem
Transparent. Mit dem quer über die Fahrbahn gespannten Laken protestieren
Göttinger Bürger gegen die Abschiebung eines Nachbarn. Der 71jährige
Kroate Stipo Susnja war in der Nacht zum 23. März von Polizeibeamten aus
dem von ihm gemeinsam mit seiner deutschen Ehefrau bewohnten Appartement
geholt, zum Flughafen Frankfurt am Main gebracht und von dort nach
Bosnien-Herzegowina ausgeflogen worden. Einen Eilantrag seiner Anwältin
gegen die Abschiebung hatte das örtliche Verwaltungsgericht am Vortag
zurückgewiesen.

Susnja lebte zunächst von 1993 bis 1997 als Kriegsflüchtling in Göttingen
und reiste dann freiwillig in seine Heimat aus. 1999 kehrte er nach
Deutschland zurück, um seine Göttinger Partnerin zu heiraten. Sie heißt
Ilse Becker und ist 76 Jahre alt.

Wenn deutsche Staatsangehörige einen ausländischen Partner heiraten,
erhält dieser in der Regel eine zunächst auf zwei Jahre befristete
Aufenthaltserlaubnis. Sie wird danach auf Dauer erteilt und auch im Fall
einer Trennung des Paares nicht widerrufen, sofern der ausländische
Partner selbst für seinen Lebensunterhalt aufkommt. Susnja und Ilse Becker
waren nicht geschieden und nach eigenen Angaben auch nicht getrennt,
lebten eine Zeitlang aber in verschiedenen Wohnungen. "Die räumliche
Trennung wirkte sich positiv auf die eheliche Beziehung aus, die geprägt
ist von Liebe und gegenseitiger Unterstützung", urteilt auch das mit dem
Fall betraute Göttinger Migrationszentrum.

Nach Ansicht der Stadtverwaltung war die Ehe jedoch so stark zerrüttet,
daß eine Abschiebung Susnjas möglich und geboten war. Der Sprecher der
Stadt, Detlef Johannson, behauptet gar, das bloße Zusammensein mit dem
Ehemann habe bei Frau Becker "Panikattacken" ausgelöst. Zudem habe Susnja
nicht nachweisen können, daß er aus eigenen Einkünften in der BRD leben
könne, weshalb die Abschiebung "nicht zu vermeiden" gewesen sei, so
Johannson.

Die Nachbarn äußern dagegen in einem Offenen Brief ihre Überzeugung, daß
die Ausländerbehörde die räumliche Trennung auf Zeit als Vorwand für die
Abschiebung genommen hat. Auch nach Ansicht des Niedersächsischen
Flüchtlingsrates ist die Abschiebung "offenbar zu Unrecht" erfolgt.
Ausweisungen von ausländischen Ehepartnern Deutscher seien nur im Fall
sogenannter Scheinehen statthaft, sagt der Geschäftsführer des
Flüchtlingsrates, Kai Weber. Der Vorsitzende der Göttinger
Grünen-Ratsfraktion, Rolf Becker, sagte, es verstoße gegen die
Menschenwürde, wenn ein integrierter Rentner in eine ungewisse Zukunft
abgeschoben werde. Das Migrationszentrum hat die Stadt Göttingen
aufgefordert, dem Kroaten die sofortige Wiedereinreise zu gestatten.
http://www.jungewelt.de/2006/03-31/026.php





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