[infobrief] Stand zur Bleiberechtsdebatte – Bericht von der Veranstaltung in Göttingen
arbeitskreis asyl goettingen
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Fre Feb 2 15:15:16 CET 2007
>Stand zur Bleiberechtsdebatte – Bericht von der Veranstaltung in Göttingen
In den vergangenen Tagen ist der Streit um eine weitergehende
Bleiberechtsregelung erneut entfacht. Der CDU- Innenminister Niedersachsen
Schünemann und der demontierte bayrische CSU-Ministerpräsident Stoiber
kündigen ihren Widerstand gegen eine Initiative der Bundesregierung an. Diese
hatte sich vor einigen Tagen auf eine zweites, evtl. weitergehendes
Bleiberecht geeinigt. Die Regelung soll Anfang März vorgelegt werden. Derweil
wird offensichtlich, dass die Regelung der Innenministerkonferenz völlig ins
Leere geht: Die ersten Zahlen aus Göttingen zeigen: Von insgesamt über 1100
Geduldeten in Stadt und Landkreis haben bisher 4 Personen ein Bleiberecht
erhalten! Auf der Veranstaltung zur Bleiberechtsregelung in Göttingen am
31.1. wurden für die nächsten Wochen Proteste gegen die restriktive Umsetzung
beschlossen:
>Am kommenden Mittwoch, den 08.02.2007 um 19h findet das nächste
>Vorbereitungstreffen im Haus der Kulturen (Hagenweg 2e, hinter der Musa)
>hierzu statt. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen.
Fünfzig BesucherInnen, darunter viele Flüchtlinge, nahmen an der Veranstaltung
des Arbeitskreis Asyl zur Umsetzung der Bleiberechtsregelung in Göttingen
teil. Zwei kurze Vorträge behandelten zunächst die Umsetzung der
Bleiberechtsregelung in Göttingen und die bevorstehenden Veränderungen im
Zuwanderungsgesetzt (ZuwG).
>Bleiberechtsregelung in Göttingen
Die Hürden, ein Bleiberecht zu erhalten sind durch die Bleiberechtsregelung
und den entsprechenden Erlass des niedersächsischen Innenministeriums sehr
hoch gesteckt. Viele wichtige Fragen der Umsetzung, wann beispielsweise eine
„aufenthaltsrechtlich relevante Täuschung“ oder das „Nichterfüllen der
Mitwirkungspflicht“ bei der Abschiebung vorliegen, entscheiden die
SachbearbeiterInnen der Ausländerbehörden. In Göttingen scheint es dazu klare
Vorstellungen zu geben. Zur Frage des Einkommen äußerte sich die Leiterin der
Ausländerbehörde der Stadt, Frau Munke, eindeutig: Ein Bleiberecht erhalten
auch Großfamilien erst, wenn sie vollständig ohne zusätzliche Leistungen
ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Das setzt Einkommen voraus, die
unmöglich zu erreichen sind. In diesem Punkt aber lässt die
Bleiberechtsregelung ausdrücklich Ausnahmen zu. Dementsprechend sehen die
Zahlen aus (Stand Ende Januar): Von etwa 500 Geduldeten in Göttingen haben 3
ein Bleiberecht erhalten. Von über 600 Geduldeten im Landkreis wurde bis
jetzt einer Person ein Bleiberecht erteilt! Bis zum Mai besteht noch die
Möglichkeit, einen Antrag zu stellen. Diese Zahlen liegen noch hinter den
ersten pessimistischen Schätzungen, dass etwa 10-20% der Geduldeten ein
Bleiberecht erhalten könnten.
Ansonsten sieht es danach aus, dass in der Ausländerbehörde keine Mitarbeiter
für die Bearbeitung der Anträge abgestellt wurden – wie es in anderen Städten
der Fall ist. Die Sachbearbeiter des Bereichs „Aufenthaltsbeendigung“
(Selbstbezeichnung) haben auch die Anträge auf Bleiberecht zu prüfen.
Hiernach berichteten Flüchtlinge in der Diskussion über ihre Situation und
ihre Erfahrungen bei der Antragsstellung: Als Hauptproblem stellte sich neben
den geforderten hohen Einkommen für Familien die Passbeschaffung heraus.
Zuallererst muss ein Pass vorliegen, dann erst erhält man eine
Arbeitserlaubnis. Aufgrund der Schwierigkeiten dann einen Arbeitsplatz zu
bekommen, stellt die Passbeschaffung ein großes Wagnis dar. Können letztlich
nicht alle Bedingungen erfüllt werden, droht die Abschiebung.
>Verschärfungen im Zuwanderungsgesetz
Im zweiten Teil wurden die bevorstehenden Veränderungen im Zuwanderungsgesetz
diskutiert. Diese Änderungen beinhalten die Ergebnisse aus der Evaluation des
ZuwG, die Umsetzung einiger EU-Richtlinien und eine zweite – gesetzliche –
Bleiberechtsregelung. Der Großteil der Änderungen ergibt sich allerdings aus
der Evaluation, in die vor allem die „Verbesserungsvorschläge“ der
Ausländerbehörden zum Ablauf der Abschiebungen eingeflossen sind. Weitere
Verschärfungen wurde gleichzeitig mit der Bleiberechtsregelung beschlossen.
Im selben Beschluss der IMK, in dem das Bleiberecht beschlossen wurde, heißt
es :
"1.Ausreisepflichtigen ausländischen Staatsangehörigen, die faktisch
wirtschaftlich und sozial im Bundesgebiet integriert sind, soll auf der
Grundlage des § 23 Abs. 1 AufenthG ein Bleiberecht gewährt werden können.
2. Der Aufenthalt von Ausländern, die nach dieser Regelung keine
Aufenthaltserlaubnis erhalten können, muss konsequent beendet werden. Die
Rückführung von ausreisepflichtigen Ausländern soll durch geeignete Maßnahmen
verbessert werden und praktische Hindernisse der Abschiebung insbesondere von
Straftätern sollen soweit möglich beseitigt werden. Die Innenminister
und -senatoren sind sich darüber einig, dass den nicht unter die
Bleiberechtsregelung fallenden, nicht integrierten Ausreisepflichtigen
keinerlei Anreize für den weiteren Verbleib in Deutschland aus der Nutzung
der Leistungssysteme gegeben werden dürfen. Daher wird der Bundesgesetzgeber
gebeten, entsprechende Veränderungen im Leistungsrecht zu prüfen. "
Zu den Änderungen gibt es eine Zusammenstellung von Pro Asyl:
„Katalog der Grausamkeiten“ http://papiere-fuer-alle.org/node/269
Aus dem Gesetzespaket sollen nun nach dem Willen von Schünemann und Stoiber
die Änderungen für eine gesetzliche Bleiberechtsregelung gestrichen werden.
Nachdem sich die Koalition vor einigen Tagen auf einen Kompromiss geeinigt
hatte, kündigten die Beiden an, eine solche Initiative im Bundesrat zu
blockieren.
Einige aktuelle Artikel dazu http://papiere-fuer-alle.org/bleiberecht
>Proteste in Göttingen
Es wurden die verschiedenen Ideen für einen Protesttag und einer Bilanz
hundert Tage nach Inkrafttreten der Bleiberechtsregelung diskutiert. Für den
24. Februar planen Bleiberechtsinitiativen einen dezentralen bundesweiten
Aktionstag.
Die Diskussion des Vorschlags im Bleiberechtswiki:
http://wiki.bleiberechtsbuero.de/index.php/100_Tage_und_kein_Bleiberecht
In Göttingen sollen die Vorbereitungen dafür bei einem nächsten Treffen
begonnen werden. Die findet statt am Mittwoch, 7.2. um 19 Uhr im Haus der
Kulturen, Hagenweg 2e, hinter der Musa.
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