[infobrief] Die Bleiberechtsdebatte geht weiter...
arbeitskreis asyl göttingen
akasylgoe at emdash.org
Mit Mar 14 17:18:47 CET 2007
Die Bleiberechtsdebatte geht weiter...
und während rege über die Sozialleistungen debattiert wird, bleiben die
geplanten weiteren Änderungen im Zuwanderungsgesetz weitgehend außer Acht.
Der jetzt vorläufig gefunden Kompromiss geht über die Bleiberechtsregelung der
IMK nicht hinaus und wird wahrscheinlich ebenso wirkungslos bleiben. Dennoch
hat zumindest die Niedersachsen-CDU angekündigt, dass sie diesen Kompromiss
nicht mitträgt, da er noch zu weitgehend sei.
Deshalb wollen wir davon vorerst nicht weiter reden und weisen stattdessen hin
auf eine gemeinsame Stellungnahme von flüchtlingspolitisch aktiven Verbänden.
Sie kritisieren die mangelshafte Umsetzung der aufenthalts- und
asylrechtlichen EU-Richtlinien durch das Gesetzespaket und benennen einige
der geplanten zusätzlichen Verschärfungen.
Die Stellungnahme im Wortlaut sowie weiteres Material zum Gesetzentwurf findet
sich bei: http://papiere-fuer-alle.org/bleiberecht
Desweiteren drei Links zur Nachlese des Aktionstages "100 Tage und kein
Bleiberecht":
das Münchener Bleiberechtsbüro hat eine Zusammenstellung der Aktionen auf
ihrer Hompage veröffentlicht:
http://www.bleiberechtsbuero.de/?p=116
Ein Artikel von telepolis, der den Aktionstag zum Anlass nimmt, die Situation
von Geduldeten anschaulich zu beschreiben
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24819/1.html
Fotos und Beiträge vom Aktionstag in Göttingen liegen bereit bei:
http://www.papiere-fuer-alle.org/node/281
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Pro Asyl u.a.: Gemeinsame Stellungnahme:
*_Gesetzentwurf zum Zuwanderungsgesetz:_*
*_Umsetzung von EU-Richtlinien wird zur
Verschärfung des Asylrechts missbraucht!_*
*Als flüchtlingsfeindlich, rückwärtsgewandt und **integrationshemmend
hat ein breites Bündnis von flüchtlingspolitisch tätigen Organisationen
den Gesetzentwurf zur „Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher
Richtlinien der EU“ gewertet. Die Bundesregierung will den Entwurf in
Kürze verabschieden. Die Organisationen fordern die Regierung auf, den
Gesetzentwurf nicht anzunehmen und zur Überarbeitung an das
Bundesinnenministerium zurückzuverweisen.*
*Die öffentliche Diskussion konzentriert sich fast ausschließlich auf
die Bleiberechtsregelung. Sie übersieht, dass Deutschland die
gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen im Flüchtlingsrecht gar nicht,
nur unvollständig oder mangelhaft umsetzen will. Gleichzeitig enthält
der Gesetzentwurf Rechtsänderungen, die in keinem Zusammenhang mit dem
Europarecht stehen. So wird die Umsetzung für Verschärfungen des
Asylrechts missbraucht, etwa für die Einführung einer „Zurückweisungshaft“.*
Nach EU-Recht müssten Menschen, die vor „willkürlicher Gewalt“ im Rahmen
von bewaffneten Konflikten nach Deutschland geflohen sind, künftig einen
Abschiebungsschutz erhalten. Der Gesetzentwurf enthält aber den
Begriff der „willkürlichen Gewalt“ nicht. Die Schutzbedürftigen sollen
keinen individuellen Schutzanspruch einklagen können, sondern sind auf
Abschiebungsstopps der Bundesländer angewiesen. Die Länder drängen
jedoch auf Abschiebung – selbst nach Afghanistan und in den Irak.
Tausenden Betroffenen droht damit die Abschiebung in Kriegs- und
Krisengebiete.
EU-Staaten sollen künftig Asylsuchende zurückweisen dürfen, wenn der
Verdacht besteht, dass ein anderer EU-Mitgliedstaat für das
Asylverfahren zuständig sei. Gegen eine solche
Zuständigkeits-entscheidung soll es grundsätzlich keinen
Eil-Rechtsschutz mehr geben. Damit können Abschiebungen in andere
EU-Staaten nicht verhindert werden, selbst wenn sie inhuman oder
rechtswidrig sind. Asylsuchende sollen so lange in Haft bleiben, bis die
Zuständigkeit geklärt ist. Eine derartige „Zurückweisungshaft“ verletzt
internationale Standards, nach denen Flüchtlinge während des
Asylverfahrens generell nicht in Haft genommen werden sollen.
Große Teile des europäischen Flüchtlingsrechts sollen gar nicht in den
Gesetzestext übernommen werden. Die Verbesserungen für religiös
Verfolgte oder Kriegsdienstverweigerer sind im Gesetzentwurf nicht
ausdrücklich erwähnt. Stattdessen plant die Bundesregierung einen bloßen
Verweis auf die EU-Richtlinie zum Flüchtlingsschutz. Die Verbände
kritisieren dies als ungereimt und mit Gemeinschaftsrecht unvereinbar.
Richtlinien begründen unmittelbare Rechtspositionen für die Begünstigten
und sind deswegen vollständig umzusetzen.
Das Ehegattennachzugsalter soll nach dem Gesetzentwurf auf 18 Jahre
festgesetzt werden. Zudem müssen künftig Deutschkenntnisse schon vor
Einreise erworben und nachgewiesen werden. Die geforderten
Sprachkenntnisse werden dazu führen, dass für die meisten Betroffenen
der Ehegattennachzug erst einmal versperrt wird. Denn nur in den
wenigsten Herkunftsländern sind Deutschkurse ohne weiteres zugänglich.
Zumeist werden entsprechende Sprachkurse nur in den Hauptstädten
angeboten und sind für Bewohner entlegener Ortschaften praktisch nicht
erreichbar. Sollten diese Vorschriften Gesetzeskraft erlangen, würden
die deutschen Vorschriften über den Ehegattennachzug voraussichtlich
nicht nur als gemeinschaftsrechtswidrig einzustufen sein. Es dürften
darüber hinaus in vielen Fällen verfassungswidrige Folgen eintreten.
Die gemeinsame Stellungnahme wird von folgenden Organisationen getragen:
· amnesty international Deutschland,
· Arbeiterwohlfahrt, Bundesverband e.V.
· PRO ASYL, Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge
· Deutscher Caritasverband e.V.
· Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband
· Diakonisches Werk der EKD
· Neue Richtervereinigung
· Arbeitsgemeinschaft Ausländer- und Asylrecht im Deutschen AnwaltVerein
· Die Rechtsberaterkonferenz der mit den Wohlfahrtsverbänden und dem
Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen zusammenarbeitenden
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte
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